Der "gute" Anwalt

Gehen Sie sorgfältig vor bei der Wahl Ihres Rechtsanwaltes

"Recht haben" und "Recht bekommen" sind bekanntlich zwei verschiedene Dinge. Damit das Ergebnis Ihres Rechtsproblems nicht vom Zufall abhängt, den richtigen Anwalt beauftragt zu haben, sollten Sie in Ruhe nach dem geeigneten Experten Ausschau halten.

München (AP) Seit Juli bitten Anwälte stärker zur Kasse. Wer jetzt einen Rechtsbeistand braucht, muss mehr als zuvor die Kosten im Auge haben - aber auch die Fachkenntnisse und Qualifizierung des Juristen kritisch unter die Lupe nehmen.

Der Konkurrenzkampf zwischen den fast 130.000 zugelassenen Anwälten sei «knochenhart», betont Markus Saller, Jurist der Verbraucherzentrale Bayern. Jedes Jahr kommen nach Angaben des Deutschen Anwaltsvereins bis zu 8.000 neue Anwälte dazu. Noch vor zehn Jahren teilten sich lediglich 74.000 Juristen den Markt. «Wen wundert's, wenn dann auch Fälle ohne ausreichende Fachkenntnisse angenommen werden,» erklärt Saller. Vom «blinden» Vertrauen in die unbegrenzten Fähigkeiten eines Anwalts sei abzuraten.

Nach Erfahrungen von Horst Roosen vom Bund für soziales und ziviles Rechtsbewusstsein (BSZ) in Dieburg geraten immer mehr Mandanten über die Arbeit ihres Advokaten in Rage. Wichtige Fristen würden verpennt oder Informationen vergessen. Da zeige ein Jurist nach dem Vorschuss plötzlich kein Interesse mehr am Fall, dränge seinen Mandanten in ein teures Gerichtsverfahren oder liege bei der Beratung schlichtweg daneben. So mancher sei überfordert, unterstreicht Roosen. Die allein beim Bundesgerichtshof anhängigen Haftungsfälle, in denen Mandanten Ansprüche gegen ihre Anwälte geltend machen, hätten sich in den vergangenen 10 Jahren mehr als verdoppelt, so die Erfahrungen des BSZ.

Leistet sich ein Advokat gravierende Schnitzer, kann es für den Klienten in der finanziellen Katastrophe enden, warnt Roosen, der auch im Bund deutscher Fachanwälte engagiert ist. «Vor allem bei Scheidungen passiert es, dass eine falsche Beratung den Mandanten wirtschaftlich an die Wand fährt.»

Und was dann? Liefert ein Rechtsanwalt schlechte Arbeit ab, kann er dafür haftbar gemacht werden - allerdings nur, wenn seinem Mandanten daraus nachweislich ein Vermögensschaden entstanden ist, erläutert Saller. «Das ist meist schwierig», weiß auch Roosen. Die Hürden für einen Schadenersatzprozess gegen einen Anwalt lägen sehr hoch. Ansprüche durchzubringen sei ähnlich kompliziert wie bei der Arzthaftung, meint der Verbraucherschützer. Und kostspielig. Wer seinen Anwalt dennoch verklagen will, kann den Fall gegen eine Gebühr vom BSZ in Dieburg prüfen lassen.

Wer einen Prozess noch vor sich hat und mit der Betreuung durch seinen Rechtsbeistand unzufrieden ist, sollte nicht untätig auf das dicke Ende warten. Sondern handeln, dem Anwalt auf die Finger sehen, trödelnde Juristen auf anstehende Fristen aufmerksam machen, offenkundige Untätigkeit ansprechen und sanften Druck ausüben. «Der kritische Mandant hat immer bessere Karten», betont Roosen. Rügen Richter im Urteil, dass «der Sachvortrag» des Anwalts «ungenügend war» oder etwa «nicht genügend Beweis erhoben werden konnte», kommt die Erkenntnis, einen schlechten Advokaten erwischt zu haben, zu spät.

Auch die Experten von «Finanztest» mahnen zu Wachsamkeit bei der Anwaltswahl. Rechtsbeistände dürften jetzt auf ihrem Briefpapier mit der Bezeichnung «Spezialist» für sich werben, ohne besondere Prüfungen abgelegt zu haben. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen: 1 BvR 159/04).

Wichtig zu wissen: Einen Fachanwaltstitel für Verkehrsrecht beispielsweise gibt es gar nicht. Nach Angaben der Bundesrechtsanwaltskammer sind nur knapp 15 Prozent der Rechtsbeistände Fachanwälte. Auf ungeprüfte «Spezialisten» oder «Experten» dürften Verbraucher auf Anwaltssuche jetzt häufiger stoßen, zeigt sich «Finanztest» besorgt. Kritische Distanz zu wahren und nach Qualifikation, Referenzen oder Erfolgen zu fragen, sei deshalb ratsam.

Quelle: Yahoo
 

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